Wesenstest in Finnland


 
Der Wesenstest in Finnland


Der Wesenstest nach Schweizer Muster ist seit langem im Deutschen Retriever Club in der Diskussion und es wurden sogar Stimmen laut, ihn ganz abzuschaffen. Als Dauerbrenner wiederholen sich die Argumente von Für und Wider bei jeder Hundegerenation. Auch in Finnland ist das Thema Wesenstest für Retriever ein "heißes Eisen". Aber hier wurde er erst vor 2 Jahren im Golden-Retriever-Club eingeführt. Die Beteiligung ist zur Zeit noch freiwillig, wird jedoch mit positiver Akzeptanz und zunehmend mehr als Einsteigerprüfung angenommen.
 

Da ich diesen Test als Zuschauer und live als "Prüfling" miterleben durfte, kann ich somit eine alternative Version eines retriever-spezifischen Wesenstest beschreiben, der mich sehr beeindruckt hat 
 

Das Alter der Hunde sollte mindestens 1 Jahr sein, bei Hündinnen eher 2 Jahre. Nach anfänglicher Skepsis meinerseits, habe ich jedoch im Laufe mehrerer Prüfungen den Sinn auch darin gesehen. Der Grund ist einfach.
 

In gesamten Testverlauf wird der Hund langsam und systematisch unter absoluten Streß gesetzt, wobei ihm in der Endphase jedoch die Möglichkeit gegeben wird, sein "Nervenkostüm" wieder zu ordnen. Und darin liegt meines Erachtens auch die Aussagekraft dieser Prüfung. Es soll deutlich gemacht werden, wie der Hund auf Streßsituationen reagiert und wie, sowohl auf welche Art er diese wieder abbaut. 
 

Ein weiterer Unterschied zu unseren Prüfung liegt auch in der Beurteilung. Damit diese Auswertung nicht willkürlich oder subjektiv wirkt, und von jedem Prüfling nachvollzogen werden kann, gibt es dazu einen Bewertungsbogen mit Punktsystem. 9 Prüfungskriterien werden beurteilt. Dies sind:
 
 

a) Verhalten gegenüber fremden Menschen 
 

b) Bewegungstrieb, Spieltrieb, Beutetrieb
 

c) Bringtrieb
 

d) Temperament
 

e) Härte 
 

f) Benehmen gegenüber Artgenossen 
 

g) Nerven
 

h) Schärfe und Verteidigungsbereitschaft 
 

i) Schuß
 

Aufgrund der Höchstpunktzahl 5 pro Prüfungsfach und unterschiedlichen Fachwertziffern muß der Hund mindestens 300 von 500 Punkten erreichen um diesen Test zu bestehen. Wobei bei dem Prüfungskriterium "Nerven" mindestens 3 Punkte erzielt werden müssen. Stark schußempfindliche und schußscheue Hunde können selbstverständlich auch nicht bestehen.
 

Zum Abschluß bespricht der Richter das Ergebnis mit dem Hundeführer. Hierbei erklärt er auch den Zuschauern die Reaktionen des Hundes und macht dadurch die Beurteilung für alle verständlich. 

Die Richter sind, wie bei uns, speziell für diese Bewertungen ausgebildet und werden unter Berücksichtigung der rassespezifischen Wesensmerkmale durch den Verein weitergeschult. Bei diesem Test wurden z.B. die Anlagen zwischen Golden und Flatcoated-Retriever ganz deutlich sichtbar (Temperament u.v.m). 

Eine allgemeine Wesensüberprüfung wird durch den Finnischen Kennel Club seit Jahren schon für alle Rassen und "Nichtrassen" angeboten und gehört wie eine Begleithundprüfung zur normalen Hundeausbildung.
 

Damit Sie einen kleinen Einblick über die Testsituationen erhalten, hier einige Beispiele.
 
 

1) Führersuche

Bei der Führersuche muß der Prüflingshund an angeleinten und friedlichen, fremden Hunden vorbei!
 
 

2) Verhalten gegenüber fremden Menschen

In drei unterschiedlichen Situationen gehen friedliche Menschen auf den angebundenen Hund zu, sprechen mit ihm und fassen ihn an. Der Hundeführer steht in der Nähe, nimmt aber keinen Kontakt mit seinem Hund auf. Im letzten Teil dieses Testabschnittes schwankt ein Betrunkener mit Hut, flatterndem Mantel und klappernder Plastiktüte an dem Hund vorbei. Legt seine Sachen ab und geht "nüchtern" und freundlich auf den Hund zu und begrüßt ihn!

3) Kreisprobe

Der Hundeführer, mit angeleintem Hund, wird langsam und von einer Gruppe Menschen mit lauten Geräuschen: Töpfe, Glocke, Motorsäge usw. umkreist. Der Hundeführer soll nicht mit dem Hund sprechen und auch keinen Blickkontakt mit ihm aufnehmen. Wenn der Hund den Kreis verlassen möchte, soll er nicht daran gehindert werden! 
 

4) Schußtest

Im Gegensatz zu unserer Prüfungspraxis sind hierbei die Hunde angeleint. Und erstaunlicherweise kann man auch unter diesem Einfluß eine eindeutige Reaktion des Hundes auf die 2 Schüsse erkennen, da sie nur im Abstand von 10-20 m zum Hund abgeben werden.


 

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